13. Dezember 2016
Konferenz der Initiative Urheberrecht in Berlin erfolgreich zu Ende gegangen
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12.12.2016. „Die Selbstverständlichkeit, mit der heute mit digitalen Speichermedien und im Internet Werke der Kunst an den Urhebern vorbei genutzt und weiterverbreitet werden, raubt einem den Atem – und mithin die Existenzgrundlage“. Mit dieser Zustandsbeschreibung eröffnete Jeanine Meerapfel, Präsidentin der Akademie der Künste als Hausherrin die eintägige Konferenz zum Thema „Digitale Plattformen – Chancen + Probleme“. Für über 300 TeilnehmerInnen aus Politik, Wissenschaft, Kunst und Kultur war die Akademie heute mit zahlreichen renommierten SprecherInnen Mittelpunkt der aktuellen Debatte über das Urheberrecht und sein Verhältnis zu Onlineplattformen in Deutschland und Europa. Veranstalter der Konferenz war die Initiative Urheberrecht.
Prof. Dr. Gerhard Pfennig, Sprecher der Initiative Urheberrecht, erklärte zu Beginn der Konferenz die Motive der Veranstalter: „Das Verhältnis zwischen Plattformen und der Kreativindustrie gilt es dringend auszuloten. Und darüber hinaus braucht es ein gemeinsames Verständnis darüber, dass Urheber an den Erlösen der Plattformen aus der Nutzung ihrer Werke angemessen beteiligt werden.“
Im Anschluß begrüßte Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, die TeilnehmerInnen und betonte in ihrer Keynote, wie wichtig die Beteiligung der UrheberInnen an der Debatte um die gesetzlichen Regelungen seien.
Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverbands ergänzte die Perspektive der Verbraucher: „Das Interesse der Verbraucher nach legalen Inhalten müssen wir mit dem Interesse der Urheber nach ordentlicher Vergütung in Einklang bringen. Eine Kostenloskultur sei auch nicht im Sinne der Verbraucher. „Schon heute nutzen 24 Millionen Menschen in Deutschland kostenpflichtige Dienste. Bei den Verbrauchern ist eine Zahlungsbereitschaft durchaus vorhanden, übrigens neben dem starken Bedürfnis nach Rechtssicherheit.“
Nach Ansicht von Prof. Dr. Axel Metzger, Humboldt Universität zu Berlin, bietet die europäische Richtlinie zum Digital Single Market die Chance einer künftigen Regelung auch zur Durchsetzung von Urheberrechten im Netz. Er schlägt ein zweistufiges Modell vor: In der ersten Stufe sollte die rein private, nicht kommerzielle Nutzung von Werken von Urhebern möglich sein, die Hosting-Plattformen zahlen als „Inkassostellen“ pauschal Vergütungen an Verwertungsgesellschaften. In der zweiten Stufe sollten Hosting-Plattformen, die strukturierte Dienste anbieten, vom Recht der öffentlichen Wiedergabe erfasst werden. Dabei sollte die Lizenzierungspflicht durch eine Zwangslizenzregel abgesichert werden.
Das anschließende medienpolitische Panel zeigte bei ziemlicher Übereinstimmung über die Ziele allerdings auf, dass zur Erreichung der Stärkung der Rechte der UrheberInnen im Internet die vorgestellten Lösungswege unterschiedlicher nicht sein könnten. Während die UrheberInnen in Gestalt des Komponisten Matthias Hornschuh auf Erfüllung klagten – „Seit 2 Dekaden versuchen wir, mit Kinderbesteck Erwachsenenessen zu essen. Für ein ordentliches Steak aber braucht es eben ein vernünftiges Messer. Dieses zu schmieden und seine Klinge zu schärfen, ist die aktuelle Aufgabe.“ – setzt Thomas Jarzombek, MdB und internetpolitischer Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion auf „geregelte Selbstregulierung“. Prof. Dieter Gorny, Vorstandsvorsitzender des Bundesverband Musikindustrie und Beauftragter für Kreative und Digitale Ökonomie beim BMWI betonte, dass es ohne geschützte professionelle Inhalte keine Plattformen gäbe und die gesamte technologische Entwicklung stocken würde: „Das Schützen von Inhalten ist nicht nur eine rein kulturelle Wertefrage, sondern die grundsätzliche Anerkennung, wer für die Inhalte verantwortlich ist.“ Er betonte die Notwendigkeit gemeinsamer Aktionen von KünstlerInnen und Kulturwirtschaft um diese Ziele in Brüssel durchzusetzen.
Nach der Mittagspause kommentierte Regisseur Niki Stein in klaren Worten die Situation der UrheberInnen in Zeiten des Internets. Sein Ausruf: „Wir Urheber werden nicht überleben können, wenn uns der einzige, wesentliche Markt, den die Zukunft für uns bereit hält, verwehrt bleibt“, fand große Zustimmung im Saal.
Gleich danach kam die Kulturwirtschaft direkt mit den digitalen Plattformen ins Gespräch. Mark Chung, Musiker und Komponist, präsentierte eindrucksvolle Zahlen über die höchst unterschiedliche Vergütung von Musikstreams auf den unterschiedlichen Plattformen. YouTube, das auf dem Panel von Jan Kottmann, Leiter des Bereich Medienpolitik bei Google Deutschland, vertreten war, kam dabei nicht gut weg. Und auch Filmproduzent Dan Maag vermisst von Seiten der Unternehmen das Verantwortungsgefühl „gegenüber uns Urhebern. Warum ist nicht der Mut da, die Welt zum besseren zu verändern?“.
Jan Kottmann verwies auf die Verabredung mit der Gema und bestätigte darüber hinaus, dass Google/YouTube zusätzlich mit allen wesentlichen Verwertungsgesellschaften über Vergütungsregelungen im Gespräch sei. „Ich glaube nicht, dass wir einen unterschiedlichen Wertekanon haben. Wir haben wie Sie Interesse daran, Immaterialgüterrechte zu schützen.“
Auch die Praxis wurde in einer Diskussionsrunde beleuchtet. So erläuterten Janet Clark, Autorin und engagiert im Netzwerk Autroenrechte, Dr. Urban Pappi, VG Kunst, Volker Rieck, Geschäftsführer vom File Defense Service und Dr. Reinhard Schultze, Globalscreen, Geschäftsmodelle in der Internetwirtschaft und wo eigentlich die Profite hinfließen.
Anschließend forderte Olaf Scholz, Erster Bürgermeister Hamburgs, in seiner Keynote eine größere Transparenz im Gebaren der Suchmaschinen und Onlineplattformen: „Bund und Länder haben sich im April 2016 in einem Positionspapier gegenüber der Europäischen Kommission für eine europäische Regelung ausgesprochen, die Intermediäre dazu verpflichtet, die zentralen Kriterien der Aggregation, Selektion und Präsentation kenntlich zu machen. Wir sind der Auffassung, dass eine europäische Regelung für notwendige Transparenz notwendig wäre. Ob dafür tatsächlich eine Verordnung oder Richtlinie notwendig ist, bleibt noch offen.“
Die Europäische Sicht auf den Regelungsbedarf lieferte dann MdEP Dr. Helga Trüpel. Sie versicherte dabei: „Der Kommission ist es ein Anliegen, Urhebervergütungen sicher zu stellen. Prof. Dr. Jörg Reinbothe vom Europa Institut der Uni Saarbrücken erläuterte in seinem informativen Vortrag die Optionen deutscher Einflussnahme auf die Brüsseler Projekte.
In der Abschlussdiskussion wünschten sich die Teilnehmer vor allem eine ehrliche Diskussion unter den Beteiligten. Gerade die Plattformen wurden dazu aufgerufen, etwas mehr „Demut in Bezug auf die Rechte der Urheber zu zeigen“, so Musikverleger Prof. Dr. Rolf Budde.
Alexander Scheuer von der Telekom betonte das große Interesse seines Unternehmens, für die unterschiedlichen Angebote die erforderlichen Lizenzen bei akzeptablem Verwaltungsaufwand zu erwerben.
Zu den SprecherInnen der Konferenz zählten außerdem der Berliner Staatsekretär Björn Böhning, Dr. Oliver Schwenzer, Mondia Media Group und der Musiker und Produzent Christopher Blenkinsop.
Die Diskussionen fanden unter reger Mitwirkung eines fachkundigen Publikums statt.
Das vollständige Kongressprogramm und Informationen zu allen Referenten finden Sie hier.