26. März 2018
INCONTRI #8, Einblick mit Ausblick in Südtirol
News
26.03.2018. Die Südtiroler Filmförderung IDM lud rund 80 Vertreterinnen und Vertreter der Film- und Fernsehbranche zur Konferenz INCONTRI #8 nach Schenna oberhalb von Meran. Neben ausgiebigen Möglichkeiten zum Networking erlebten die Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz ein so vielfältig wie hochkarätig besetztes Konferenzprogramm.
Den Auftakt zur Film- und Medienkonferenz der Südtiroler Filmförderung IDM setzten Daniela Biscarini, SVP Multimedia Entertainment & Consumer Digital Services bei TIM, der italienischen Telekom, und Peter Kerckhoff, VP Content der Telekom Deutschland, die erstmalig gemeinsam auftraten. Im Gespräch mit Torsten Zarges erläuterten sie ihre jeweiligen Inhalte-Strategien. Beide Häuser sind jüngst in die Eigenproduktion von Serien eingestiegen und stellen sich als Partner und Auftraggeber für Produzenten auf. „Wir stehen damit im Wettbewerb mit Sky aber auch Amazon oder Netflix um herausragende Inhalte, die uns beim Zuschauer ein Alleinstellungsmerkmal geben“, sagte Kerckhoff. Vor allem die steigenden Kosten für Sportrechte würden dazu führen, sich stärker in High End Serien zu engagieren. Vor 15 Monaten ist die Telekom in die Serienproduktion eingestiegen, Ziel ist es, jeden Monat eine neue Serie oder eine neue Staffel zu starten, lizensiert oder selbst produziert. In eine ähnliche Richtung geht auch die Strategie von TIM. „Exklusivität ist ein zentraler Faktor heute. Große Kataloge mit tausenden Titeln, also einem sehr langem „Long Tail“, wie wir ihn vorhalten, sind keine Erfolgsfaktoren mehr. Vielmehr sind dies Highlight Programme. Es geht also darum, die Qualität und Exklusivität zu steigern“, so Daniela Biscarini.
Im Anschluss ging es um den Aufstieg des Programmformats „Premium Shortform“. Allein 2017 stieg der mobile Video Konsum um 35 Prozent auf 30 Minuten täglich. Bei 47 Prozent der auf dem Smartphone geschauten Inhalte, handelte es sich um mindestens 20-minütige Formate. Dennoch hat insbesondere die Shortform bei diesem Nutzungsverhalten eine große Zukunft, wie Mathieu van de Velde, Co-Founder des französischen Shortform-Produzenten Black Sheep Films erklärte. Es biete ein ungeheures Reservoir an kreativer Freiheit, dass von einer jungen Generation von internationalen Talenten befeuert wird, nicht zuletzt, weil die Entwicklungs- und Produktionszyklen recht kurz seien. Dirk Rosenlöchner, Autor, Regisseur und Produzent bestätigte die These mit der Case Study zu seiner Digital Short Serie „Discocalypse“.
Der Shortform folgte die Longform. In weiteren Case Studies stellten Marco Chimez, Co-CEO von Cattleya, eines der größter Produktionshäuser Italiens, und Nils Hartmann, Director of Original Productions von Sky Italia ihre Serie „ZeroZeroZero“ vor, die vom internationalen Drogenhandel erzählt und auf einem Buch von Bestseller-Autor Roberto Saviano basiert. Ihnen folgten Simon Amberger, Gründer und Produzent von NEUESUPER, Regisseur Michael Krummenacher und Marcus Ammon, SVP Film & Entertainment bei Sky Deutschland mit ihrem Endzeit-Serienprojekt „Acht Tage“, das bereits bei den Drama Series Days der Berlinale für Furore sorgte.
Am 2. Konferenztag zeigten Sarah Doole, Director of Global Drama bei FremantleMedia gemeinsam mit dem COO der italienischen Fremantle-Filiale Gabriele Immirzi und mit Michele Zatta von RAI Fiction erste Ausschnitte aus „My Brilliant Friend“ nach Elena Ferrantes weltweiten Bestseller-Romanen. „Ein Juwel des Storytelling“, so Doole, in das neben den italienischen Partnern Fandango, RAI und TIMVISION auch HBO eingestiegen ist, die damit erstmalig ein nicht-englischsprachiges Serienprojekt mit beauftragt haben“, so Immirzi. Auch der schon gestartete internationale Vertrieb des Projekts liefe ausgezeichnet. Für Deutschland steht ein Senderpartner bereits in den Startlöchern, kündigte Doole an.
Den Abschluss der Case Studies machte das zweite italienische Netflix-Original „Baby“, das von der Drehbuchautorin und Showrunnerin Isabella Aguilar und Drehbuchautor Antonio Le Fosse vom GRAMS-Kollektiv vorgestellt wurde.
Die Produzenten Nicola De Angelis, Fabula Pictures, der u.a. „Baby“ für Netflix produziert, John Lueftner, Superfilm, der mit „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ für ORF und RTL Crime den Klassiker seriell aufgreift, Oliver Vogel von Bavaria Fiction, der derzeit das Remake von „Das Boot“ dreht, sowie Nataly Kudiabor von good friends Filmproduktion, die „Arthurs Gesetz“ mit Jan Josef Liefers und Martina Gedeck für TNT realisierte, diskutierten die zu erwartenden Entwicklungen im Bereich der High-End-Kreation. Die Produzenten forderten moderne Erzählformen abseits des Mainstreams mit Augenmerk auf die unvoreingenommene Darstellung gesellschaftlicher Vielfalt.
Beim traditionellen abendlichen Fireside Chat begrüßte IDM die Bergsteigerlegende Hans Kammerlander und den Produzenten Gerald Salmina, der aktuell das dramatische Leben des Extremalpinisten verfilmt. In „Manaslu – Berg der Seelen“, gefördert von der Südtiroler Filmförderung, kehrte Kammerlander mit der Filmcrew an seinen Schicksals-Berg im Himalaya zurück, auf dem vor rund 27 Jahren bei der Expedition zur Besteigung des Bergs innerhalb von vier Stunden zwei Freunde tödlich verunglückten. Das Gespräch führte Matthijs Wouter Knol, Direktor des European Film Markets der Berlinale.
Noch bevor das Konferenzprogramm von INCONTRI #8 startete, lief die 3. Ausgabe der Initiative INCONTRI Focus!. Ergänzend zu INCONTRI #8 kamen dort 30 Produzenten zur Vertiefung des grenzüberschreitenden Dialogs zusammen. Auf sehr praktischer Basis bestand die Gelegenheit für die konkret an Koproduktionen innerhalb der INCONTRI-Länder interessierten Produzenten, ihr Netzwerk zu erweitern und Partnerschaften anzubahnen.
Zu den Gästen von INCONTRI #8 zählten neben den o.g. Referenten u.a. Michael Lehmann (Studio Hamburg Produktion Gruppe), Sabine de Mardt, Viktoria Wasilewski (Amazon Prime Italien), Oliver Bachert (Beta Film), Jakob D. Weydemann (Weydemann Bros), Veit Heiduschka (Wega Film), Alexander Dumreicher-Ivanceanu (Amour Fou), Philipp Budweg und Tom Blieninger (Lieblingsfilm), Cosima von Spreti (Tele München). Von RTL fand Redakteurin Jean–Young Kwak, vom ORF Susanne Spellitz den Weg nach Schenna im Südtiroler Land. Der FFF Bayern war vertreten durch Förderreferentin Lisa Giehl, Eurimages durch Sergio Garcia und das Österreichische Filminstitut durch Werner Zappe.