Mit dem Ehrenpreis Inspiration zeichnet der Vorstand des Bundesverbands Schauspiel (BFFS) eine Persönlichkeit oder Institution aus, die durch ihre Leistung in besonderer Weise die Schauspielkunst ermöglicht und gefördert hat. 2022 geht die Ehrenauszeichnung an die Theaterintendantin Isabella Vértes-Schütter.

Als Isabella Vértes-Schütter, die Intendantin des Hamburger Ernst-Deutsch-Theaters, erfuhr, dass der Autor des gerade in Proben befindlichen Stückes „Irrwege“ rechtspopulistische Positionen vertrat und der Meinung war, dass auch der Leugnung nationalsozialistischer Verbrechen ein Forum zustehe, setzte sie das Stück kurzerhand ab. Ihr Theater sollte einem solchen Autor keine Bühne bieten. Sie und ihr Team suchten ein neues Stück für dieselbe Besetzung, fanden es, funktionierten das für „Irrwege“ konzipierte Bühnenbild für „Dinge, die ich sicher weiß“ des australischen Autors Andrew Bovell um und wuchteten das neue Stück in der verbleibenden Probenzeit von knapp vier Wochen auf die Bühne. Der zusätzliche Arbeitsaufwand und die damit verbundenen Kosten bedeuteten für das Privattheater und das Ensemble eine große Herausforderung.

Leslie Malton, Vorständin des BFFS: „In einer Zeit und einer Branche, in der Haltung oft mit einer Pose verwechselt wird, die den eigenen Interessen untergeordnet und damit nach Belieben verändert werden kann, hat Isabella Vértes-Schütter gezeigt, dass ein Theater nur dann beanspruchen darf, eine moralische Anstalt zu sein, wenn es sich genau umgekehrt verhält, wenn die Interessen also der Haltung untergeordnet werden. Als Intendantin hat sie diese Entscheidung getroffen, aber ihre Mitarbeitenden haben den Entschluss und seine Konsequenzen mitgetragen, da sie von vornherein eingebunden waren. Wer sich fragt, wie man dem Gefühl der Ohnmacht begegnen sollte, das sich angesichts weltbewegender Katastrophen und des Vormarsches rechtspopulistischer Menschenfänger ausbreitet, der lasse sich von diesem Beispiel inspirieren. Wir, der Vorstand des Bundesverbandes Schauspiel, danken ihr für dieses Beispiel und möchten sie mit dem Ehrenpreis Inspiration ehren.“

Den Ehrenpreis Lebenswerk des Deutschen Schauspielpreises erhält posthum Michael Degen, der im April 2022 verstarb. Der Vorstand des BFFS hatte zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen, Michael Degen bei der Verleihung des Deutschen Schauspielpreises für sein Lebenswerk zu ehren und hielt, wie damals bestätigt, an der Entscheidung fest.

Aus der Begründung des Vorstands: “Michael Degen, Grandseigneur aus Chemnitz, hat das deutsche Nachkriegstheater, den Film und das Fernsehen mit geprägt wie kaum ein anderer. George Tabori, Ingmar Bergmann, Claude Chabrol, Rudolf Noelte und Peter Zadek hießen die Regisseure, mit denen er das in Westdeutschland tat, nachdem er zuvor in Brechts Berliner Ensemble und zwischendurch auch in Tel Aviv auf der Bühne gestanden hatte. ‚Diese Drombuschs‘, ‚Die Buddenbrooks‘, ‚Die Geschwister Oppermann‘ oder die ‚Donna Leon‘ – Reihe sind einige der Fernsehformate, durch die das deutsche Fernsehpublikum ihn kennt. Daneben war er in Kinofilmen zu sehen und in Hörspielen zu hören. Ein langes, volles, arbeitsreiches Schauspielerleben liegt hinter ihm. Wir werden ihn wegen seiner Stimme, der Art, wie er mit der deutschen Sprache umging und seiner strahlenden Erscheinung als Schauspieler in Erinnerung behalten. Als Künstler hat er seinen Teil dazu beigetragen, dass die Kräfte der Versöhnung in unserer Gesellschaft entscheidend gestärkt wurden. Für seine Integrität, seinen persönlichen Mut und seine politische Weitsicht sind wir dankbar. Wir verneigen uns vor dem großen Schauspielkünstler Michael Degen.“

Michael Degen steht als Ehrenpreisträger des Schauspielpreises in einer Reihe mit Cornelia Froboess (Ehrenpreisträgerin 2021), Dieter Mann (2020), Christine Schorn (2019), Peter Simonischek (2018), Hanna Schygulla (2017), Armin Mueller-Stahl (2016), Rolf Hoppe (2015), Senta Berger (2014), Götz George (2013) und Katharina Thalbach (2012).

Die Verleihung des Deutschen Schauspielpreises 2022 findet am 9. September in der Berliner Veranstaltungslocation und  Restaurant Spindler & Klatt statt.

Über den Deutschen Schauspielpreis:
Der Deutsche Schauspielpreis wurde vom Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS) ins Leben gerufen und während der Berlinale 2012 zum ersten Mal verliehen. Die Preisverleihung ist eine Non-Profit-Veranstaltung, die nur durch ein breites ehrenamtliches Engagement der Schauspieler*innen, zahlreicher Freunde und Unterstützer*innen, Förder*innen und Sponsor*innen ermöglicht wird. www.schauspielpreis.com

Über den Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS):
BFFS steht für Bühne, Film, Fernsehen, Sprache. Gegründet 2006 ist der BFFS als Verband und Gewerkschaft mit seinen über 3.800 Schauspieler*innen inzwischen die größte nationale Schauspieler*innenorganisation und die mitgliederstärkste Berufsvertretung der deutschen Film-, Fernseh- und Theaterlandschaft. Der BFFS vertritt die berufsständischen sowie die gewerkschaftlichen Interessen der Schauspieler*innen in Deutschland. Er will die kulturellen, gesellschaftlichen, politischen, rechtlichen, tariflichen und sozialen Rahmenbedingungen verbessern bzw. schaffen, die sowohl den einzigartigen Schauspielberuf schützen, bewahren und fördern als auch die besondere Lebens- und Erwerbsituation der Künstler*innen berücksichtigen, die diesen Schauspielberuf ausüben.

Wir danken den Sponsoren und Partnern:
AUDI AG, GVL, Getränke Hoffmann, Thomas Sabo, Gustavo Gusto, Spindler & Klatt, pad concept, ver.di, Geldermann, OTTOevents, Dr. Theiss, PROJEKT ZUKUNFT (eine Initiative der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe), Sylter Klinik, GILKA, Heymerader, Pensionskasse Rundfunk, MAC Cosmetics und Aveda. Medienpartner ist BUNTE.