13. August 2021
September 2021: Die kuratierte, tägliche Filmauswahl bei MUBI
News
Im September wird EIN VERBORGENES LEBEN von Terrence Malick bei MUBI zu sehen sein. Weitere ganz große Namen des internationalen Autorenfilms werden im Programm laufen, wie Manoel de Oliveira, Werner Herzog, Márta Mészáros und Youssef Chahine.
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird in naher Zukunft auch die Regisseurin Hannaleena Hauru bei solchen Aufzählungen genannt werden, die im vergangenen Jahr in Venedig für Aufsehen sorgte. Um es mit den Beatles zu sagen: YEAH! YEAH! YEAH! (ab 11. September auf MUBI).
Anbei erhalten Sie einen Überblick über das Line-up der täglich neu hinzugefügten Filme auf der Arthouse-Streamingplattform MUBI (www.mubi.com) im September 2021. Einzelne Änderungen sind vorbehalten. Insgesamt bietet die Plattform rund 1.100 sorgsam kuratierte Titel.
Das sind die Highlights:
Ab 2. September: MUBI EXKLUSIV – VISIT, OR MEMORIES AND CONFESSIONS von Manoel de Oliveira (1982, Portugal, Biografie, Drama, Dokumentarfilm).
Echtes Filmerbe: Regisseur Manoel de Oliveira hatte Pläne für die Zeit nach seinem Tod geschmiedet. In einem Tresor der Kinemathek in Lissabon ließ er VISIT, OR MEMORIES AND CONFESSIONS aufbewahren und verfügte, dieser Film solle zu seinen Lebzeiten nie gezeigt werden. Er drehte ihn 1981, nach dem Bankrott seiner Textilfabrik, und nimmt mit ihm Abschied von dem Haus, das er zu seiner Hochzeit nach eigenen Plänen bauen ließ. Das „posthumous little jewel for Oliveira admirers“ (The Hollywood Reporter) lief auf Festivals in Wien, New York, Istanbul und Rotterdam.
Ab 3. September: WOVON TRÄUMT DAS INTERNET? von Werner Herzog (2016, USA, Dokumentarfilm).
Die unglaubliche Geschichte der digitalen Welt und ihrer kleinen und großen Evolutionen und Revolutionen – dokumentiert von einem der renommiertesten und spannendsten Filmemachern der Welt. Werner Herzog erzählt in Episoden die Geschichte der digitalen Welt, von ihrer Geburt auf einem Uni-Campus in Kalifornien bis hin zu ihren ungewissen Zukunftsprognosen zwischen Utopie und Dystopie. In Interviews mit Wissenschaftler*innen und Expert*innen, wie dem Tesla-Gründer Elon Musk, reflektiert er kritisch über die bedeutendste Erfindung des 20. Jahrhunderts. Seine Weltpremiere feierte die “wundersam schöne Doku” (Die Zeit) beim Sundance Film Festival 2016.
Ab 4. September: JOE – DIE RACHE IST SEIN von David Gordon Green (2013, USA, Drama).
Nicolas Cage in der Rolle des wortkargen Waldarbeiters Joe, der auf den Teenager Gary trifft. Gary stammt aus desolaten Verhältnissen, sein Vater ist ein gewalttätiger, gewissenloser Trinker, seine Mutter hockt apathisch in der Ecke, und die kleine Schwester hat der miesen Umstände wegen gar nicht erst mit dem Sprechen angefangen. Um etwas Geld für sie und die Mutter zu beschaffen, will sich Gary in der Holzfällercrew Joes verdingen. Der hängt zwar auch an der Flasche, hat sich aber seine Würde bewahrt. Der Film lief bei den internationalen Filmfestivals in Venedig, wo er zwei Auszeichnungen erhielt, Toronto und Edinburgh.
Ab 9. September: MUBI EXKLUSIV – FUCKING WITH NOBODY von Hannaleena Hauru (2020, Finnland, Komödie).
Die Entdeckung des letztjährigen Filmfests Venedig: Hannaleena Haurus kraftvolle Film-im-Film Komödie FUCKING WITH NOBODY, in der aus Rache und Frust anberaumte Dreharbeiten zu einer Instagram-Romantikparodie aus dem Ruder laufen und alle Beteiligten stärker in ihren Sog zieht, als allen lieb ist. Fiktion und Gegenfiktion prallen aufeinander und vermengen sich zu einer großen Masse. Der Film lief auch beim SXSW Film Festival 2021.
Ab 11. September: YEAH! YEAH! YEAH! – A HARD DAY’S LIFE von Richard Lester (1964, Großbritannien, Musical, Komödie, Musik).
Der legendäre Beatles Film mit Paul McCartney, George Harrison, Ringo Starr und John Lennon zeigt einen Tag im Leben der größten Boyband aller Zeiten: Eigentlich ist für die Beatles eine Fernsehaufzeichnung eines Konzerts in London geplant, doch schon bei der Anreise von Liverpool aus geht einiges schief. Die “FabFour” durchleben eine wilde Nacht, an deren Ende trotzdem der Auftritt der Band steht, kreischende Mädchen inklusive. Das Drehbuch und die Musik waren 1965 für den Oscar nominiert und das British Film Institute wählte YEAH! YEAH! YEAH! im Jahr 1999 auf Platz 88 der 100 besten britischen Filme aller Zeiten.
Ab 13. September: DIAMANTINO von Gabriel Abrantes und Daniel Schmidt (2018, Portugal, Frankreich, Komödie, Fantasy, Drama).
Der Gewinner des Großen Preises bei der Semaine de la Critique beim Filmfest in Cannes folgt Diamantino, einem fiktivem portugiesischen Fußballstar, dessen Aussehen und Auftreten aber eine verblüffende Ähnlichkeit mit Christiano Ronaldo aufweist. Seine Karriere endet schlagartig, als er für die Niederlage Portugals bei der WM verantwortlich gemacht wird. Er wird zur nationalen Witzfigur. Auf der Suche nach einer neuen Bestimmung begibt er sich auf eine wahnwitzige Odyssee, die ihn u. a. mit dem Faschismus, der Flüchtlingskrise und der Genmanipulation konfrontiert.
Ab 14. September: MUBI EXKLUSIV – STUMP THE GUESSER von Guy Maddin, Evan Johnson, Galen Johnson (2020, Kanada, Kurzfilm, Komödie, Fantasy).
Der kanadische Autorenfilmer Guy Maddin und die Johnson-Brüder zünden in diesem fröhlich-karnevalesken Stumm- und Kurzfilm, der 2020 auch das Berlinale-Publikum verzauberte, ein surrealistisches Feuerwerk. Eine traumähnliche Ode an das sowjetische Kino, in der es um Krabben, Jahrmärkte, Genetik und Inzest geht – visualisiert in halluzinatorischen Montagen. „Stump der Rater“ kann gegen eine kleine Spende alles erraten. Doch plötzlich funktionieren seine Tricks nicht mehr. Dann verliebt er sich in seine verloren geglaubte Schwester. Er macht sich auf, die Erblehre wissenschaftlich zu widerlegen und seine Angebetete so schnell wie möglich zu heiraten.
Ab 15. September: MUBI EXKLUSIV – KRABI, 2562 von Ben Rivers, Anocha Suwichakornpong (2019, Großbritannien, Thailand, Avantgarde).
Ein echter Festivalerfolg: der Film lief beim Locarno International Film Festival, Toronto International Film Festival und beim International Film Festival Rotterdam. Laut dem buddhistischen Kalender ist das Jahr 2019 das Jahr 2562, und Krabi ist eine Provinz im Süden des Landes, die sich bei Touristen großer Beliebtheit erfreut. Wie also ist dort derzeit die Lage? Die Filmemacher Ben Rivers und Anocha Suwichakornpong zeigen das Wesen dieser Region, indem sie Alltagsbeobachtungen und gespielte Szenen, Landschaftspanoramen und Stadtmomente, Spezifisches und Allgemeines, Historisches und Mythisches ineinanderfließen lassen.
Ab 17. September: UNTER DEM SAND von Martin Zandvliet (2015, Dänemark, Deutschland, Kriegsfilm).
Im Jahr 1945 ist der Krieg zwar zu Ende, doch nicht jeder kann in sein normales Leben zurückkehren. Eine Gruppe junger deutscher Soldaten in dänischer Kriegsgefangenschaft hat die Aufgabe, den Nordseestrand von tödlichen Minen zu säubern. Dass die Jungen keine Ausbildung dazu haben, spielt dabei keine Rolle. Der dänische Kommandant hat ihnen nach Ableistung dieses Dienstes die Freiheit versprochen. Ihnen bleibt nichts weiter übrig, als seinem Wort zu glauben. UNTER DEM SAND war 2015 Dänemarks Oscar-Beitrag und lief beim Toronto International Film Festival. In der Hauptrolle ist Louis Hofmann zu sehen.
Ab 19. September: ERBINNEN von Márta Mészáros (1980, Ungarn, Frankreich, Drama, Liebesfilm).
MUBI setzt mit ERBINNEN die Hommage an Márta Mészáros fort. Mit Isabelle Huppert in der Hauptrolle, spielt der beim Filmfestival Cannes uraufgeführte Film in Ungarn im Jahr 1936: Um an ihre Erbschaft zu kommen, überredet die unfruchtbare Tochter eines Großbürgers ihre arme jüdische Freundin, mit ihrem Ehemann ein Kind zu zeugen. Sie verliert den Mann an die Freundin, der sie dann während der Judenverfolgung ihre Hilfe versagt.
Ab 25. September: EIN VERBORGENES LEBEN von Terrence Malick (2019, USA, Deutschland, Biografie, Kriegsfilm, Drama).
„Hinreißend schön, radikal pazifistisch“, so beschreibt der Spiegel Terrence Malicks Drama um den unbekannten Helden Franz Jägerstätter, der sich weigerte, für die Nazis in den Krieg zu ziehen und der dafür mit ungebrochenem Glauben und unerschütterliche Liebe zu seiner Frau und seinen Kindern in den Tod ging.
Mit August Diehl, Valerie Pachner, Bruno Ganz, Matthias Schoenaerts, Franz Rogowski, Jürgen Prochnow, Martin Wuttke, Tobias Moretti, Max Mauff, Karl Markovics, Ulrich Matthes, Sophie Rois, Joel Basman uvm. sensationell besetzt, erhielt der Film beim Cannes Film Festival den Preis der ökumenischen Jury.
Start der Youssef Chahine Reihe:
Nicht nur als Filmemacher, auch wegen seiner politischen und humanistischen Einstellungen gilt Youssef Chahine (1926-2008) als einer der großen Namen des ägyptischen und arabischen Kinos. Sein Werk umfasst 37 Spiel- und fünf Kurzfilme. Er erhielt für seine Filme zahlreiche Preise, vom Tanit d’Or des Carthage Film Festivals bis zum Silbernen Bären in Berlin sowie mehrerer Auszeichnungen für sein Lebenswerk, darunter in Venedig und Cannes.
Ab 16. September: TÖDLICHE RACHE (1954, Ägypten, Drama, Liebesfilm).
Der erste Film, den Youssef Chahine mit dem späteren Weltstar Omar Sharif drehte, den er in einem Café in Kairo entdeckt hatte. Wie in vielen anderen seiner Filme zeichnet Chahine ein beeindruckendes Bild von der Auflehnung der Unterdrückten gegen die ägyptische Feudalgesellschaft: Ahmed (Sharif) ist der Sohn eines Gutsverwalters, der für den reichen Landbesitzer Amal arbeitet. Amal hat für Ahmeds landwirtschaftliche Ausbildung bezahlt und ist jetzt sehr verärgert darüber, dass dieser sein erworbenes Wissen nutzt, um die rechtlosen Bauern zu erziehen und politisch zu bilden. Der Landbesitzer sinnt auf Rache…
TÖDLICHE RACHE brachte seinen Hauptdarsteller auch erstmals in Kontakt mit der großen Welt des internationalen Films – beim Festival in Cannes 1954, wo er erstmalig außerhalb Ägyptens zu sehen war.
Ab 23. September: TATORT… HAUPTBAHNHOF KAIRO (1958, Ägypten, Drama).
Der ausschließlich auf dem Kairoer Hauptbahnhof spielende Film lief 1958 im Wettbewerb der Berlinale und ist für den erst 28-jährigen Chahine der große Durchbruch. Kenaoui, ein hinkender Zeitungsverkäufer am Hauptbahnhof Kairo, ist unsterblich in Hanuma verliebt, die ihren Lebensunterhalt als illegale Limonadenverkäuferin am selben Ort verdient. Seine Gefühle werden jedoch nicht erwidert. Hanuma liebt den Kofferträger und Gewerkschafter Abou Serih und die Hochzeit steht kurz bevor. In blinder Eifersucht beschließt Kenaoui Hanuma zu töten.
Ab 30. September: DIE ERDE (1969, Ägypten, Drama).
Mit DIE ERDE entdeckte Europa das ägyptische Kino. 1970 fand der Film beim Filmfestival in Cannes große Beachtung. Youssef Chahine schuf ein mächtiges Bauernepos, das in das Herz eines kleinen, armen, landwirtschaftlich geprägten Dorfes führt. Ägypten in den frühen 30er-Jahren: das Land ist noch fest in feudale Strukturen eingebunden. Die Bauern des Dorfes sind durch einen Erlass, der die Bewässerungszeiten für ihre Felder weiter verkürzt, in ihrer Existenz bedroht. Einzig der Bauer Mohamed Abu Swelam bleibt unbeugsam.
Die Szene, in der er von Schweiß und Blut tropfend das Land mit seinen nackten Händen bearbeitet, zählt zu den ikonographischen Szenen der ägyptischen Filmgeschichte.
Hier geht es zur kompletten Filmliste im September.